Haushaltsrede 2019 – Bastian Zimmermann, Vorsitzender der Fraktion Linke & Piraten
– Es gilt das gesprochene Wort –
„Wir vermissen den ernsthaften Willen zu sparen.“
Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Anwesende,
wir werden, wie immer aus guten Gründen, die Zustimmung zum Haushalt verweigern.
Wir vermissen den ernsthaften Willen zu sparen.
Wir beobachten, dass nach wie vor viele kostspielige Haushaltsanträge gestellt werden und vermissen konstruktive Konsolidierungsvorschläge der Fraktionen.
Wir sind erfreut, dass einige unserer älteren Vorschläge, obwohl vom OB damals öffentlich als Mist bezeichnet, nach und nach in den Verwaltungsentwurf einfließen.
Wir meinen, dass Sparmaßnahmen auf die Schultern aller Beteiligten verteilt werden sollten und die Einwohnerschaft transparent an Sparprozessen beteiligt werden muss.
Wir meinen außerdem, dass alle Nutznießer freiwilliger städtischer Zuwendungen statt nur zu fordern, zu jammern und auf ihren Pfründen zu beharren, selbst Sparvorschläge erarbeiten sollten, um verantwortungsbewusst zum Wohle der gesamten Bürgerschaft ihren Beitrag zum gesamtstädtischen Haushalt zu leisten, bevor Sparmaßnahmen von der Kommunalaufsicht diktiert werden. Wir fordern daher vorausschauend alle Empfänger freiwilliger Leistungen auf, sich konstruktive Gedanken zu machen und ein Einsparpotential in Höhe von 5% selbst zu finden.
Wir führen ein Leben auf Pump. Jeder Bürger, jede Bürgerin wäre bei solcher Lebensweise gezwungen, früher oder später Privatinsolvenz zu beantragen. Die Pro-Kopf-Verschuldung steigt und steigt. Allein die Verbindlichkeiten aus Krediten je Einwohner werden zum Jahresende bei 1967€ liegen.
Die Bilanz im vorliegenden Haushalt ist geschönt, in dem im Kernhaushalt die Neuland-Anteile zu Geld gemacht werden.
Nur gemeinsam kann gespart werden! Das gilt auch für die Politik. Die gut 400.000€ für die KGSt sind verschwendetes Geld, wenn nach Vorliegen deren Ergebnisse, die Politik sich so verhalten wird wie bisher, nämlich Sparvorschläge der Verwaltung zu torpedieren und ohne Konsolidierungsvorschläge sogar höhere Ausgaben zu fordern. Das wäre: The same procedure as every year.
As every year, wie jedes Jahr wurde unser Antrag zur moderaten Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes abgelehnt, obwohl er danach immer noch unter dem umliegender, verkehrstechnisch gut angebundener Nachbarkommunen läge.
Auch den Argumenten zum Flughafen Waggum, außer vielleicht dem des Forschungsflughafens, können wir nur bedingt folgen. In erster Linie profitieren die Stadt Braunschweig und Volkswagen. Hier werden zukünftig jährlich fast 800.000 € auf Pump in ein Unternehmen mit erschreckender Bilanz investiert.
Immerhin, nach der Fusion der Sparkassen Celle und Gifhorn-Wolfsburg sind zukünftig Gewinnausschüttungen in Aussicht gestellt. Unsere Fraktion hatte eine Gewinnausschüttung bereits letztes Jahr beantragt. Vor einem Jahr war unser Ansinnen noch zurückgewiesen worden.
Weil viele kostspielige Investitionsvorhaben in der mittelfristigen Finanzplanung bisher nur unvollständig berücksichtigt sind, ist dieser Haushalt nicht ehrlich. Und bei Personal und Stellenplan können wir nur spekulieren, welche Folgen das Konzept des Verwaltungsvorstandes für die Bürger*innen und Mitarbeiter*innen haben wird, denn erst in der letzten Sitzung des Finanzausschusses wurde über nicht besetzte Stellen berichtet.
Wir wollen, dass Wolfsburg weiterhin eine attraktive, nachhaltige, bürgerfreundliche Bildungs-, Sport- und Familienstadt bleibt. Das gelingt nur, wenn weiterhin gezielt und gut durchdacht in Notwendiges investiert, bei freiwilligen Leistungen gemeinsam angestrengt gespart wird – und auch höhere Einnahmen generiert werden.
Obwohl fast alle Fraktionen behaupten, dass Wolfsburg kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem habe, wundert uns sehr, dass die großen Fraktionen keine Haushaltsanträge mit Einsparvorschlägen eingebracht haben. Deshalb auf dem Rücken der Beschäftigten sparen zu wollen, ist keine Lösung.
Wir danken der Finanzverwaltung, die Nachfragen zum Haushalt aufschlussreich beantwortete und dem Personalrat um Peter Wagner sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Wolfsburg. Sie werden am Ende den Haushalt in bürgerfreundliches Handeln umsetzen müssen. Das wird in manchem Geschäftsbereich sehr schwierig und das verdient besonders großen Respekt.